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Videoband    693

Sturm über Europa - Die Völkerwanderung

Stand: 04.03.2002
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Band 693: Film 1    Zähler: ( -  2230)    ZDF     So, 03.03.2002 19:30    45 Min.   
  deutsch  Farbe: Farbe
  iFN: 1926  

Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (1)

Kimbern und Teutonen

Dokumentation Geschichte

Mehrteiler: Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (1/4)  Zur nächsten Folge:  Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (2) Varusschlacht und Gotensaga auf 'Band 693'

Wer waren die Kimbern und Teutonen? Für die Römer waren sie "zweibeinige Tiere, die außer der Stimme und dem Leib nichts von Menschen an sich haben. Sie haben keine Häuser, keine Wohnungen, unbedeckt sind ihre Körper!" Ein Bild, das Wissenschaftler heute entschieden korrigieren.
Film von Christian Feyerabend und Uwe Kersken
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"Es wälzte sich eine ungeheure Masse heran. 300.000 Kämpfer, Kinder und Weiber waren auf der Suche nach Land, das eine solche Masse ernähren könnte." Im Jahre 113 vor Christus erreicht das ferne Rom die Schreckensnachricht. Die Kimbern und Teutonen sind auf dem Weg gen Süden. Es ist die erste große Völkerwanderung der Germanen. "Wie ein Unwetter brachen sie über Gallien und Italien herein." Fahles Neonlicht erhellt das Magazin des Naturhistorischen Museums in Budapest. 40.000 Schädel sind hier für die Wissenschaft aufbewahrt. Wir zeigen, wie Ágnes Kustár mit neuen Methoden aus der Gerichtsmedizin das Gesicht eines Kimbern rekonstruiert. Mit ihm gehen wir zurück in seine Vergangenheit und folgen ihm auf dem großen Treck. Wer waren die Kimbern und Teutonen? Für die Römer waren sie "zweibeinige Tiere, die außer der Stimme und dem Leib nichts von Menschen an sich haben. Sie haben keine Häuser, keine Wohnungen, unbedeckt sind ihre Körper!" Ein Bild, das Wissenschaftler heute entschieden korrigieren. Vom Leben und Sterben der Kimbern wissen sie aus den Mooren: Tausende Funde haben sie gemacht und Moorleichen ausgegraben, wie den berühmten Tollundmann und das Mädchen von Windeby, die ihnen immer noch Rätsel aufgeben. Seit der Antike spekuliert man über Wetterkatastrophen als Grund der Auswanderung. Erst jetzt gelingt es Archäologen, Biologen und Anthropologen, den wahren Ursachen auf den Grund zu gehen. Sie werden ihre Methoden demonstrieren und von neuen Erkenntnissen berichten. "Durch unwegsames, unbekanntes Gebiet trieb menschliche Unstetigkeit sich umher, Männer, Frauen, Kinder, Alte. Erschöpft ließen sie sich am nächst besten Ort nieder." Die Völkerwanderung der Kimbern und Teutonen ist ein Hungermarsch, Abenteuer und Kriegszug in einem. Händler hatten ihnen von "fruchtbaren Feldern und saftigen Weiden" im Süden erzählt. Aber sie fanden auch Gefallen an der bequemen Erwerbsart des Krieges. "Sich mit Schweiß zu erarbeiten, was man mit Blut erringen kann, galt bei ihnen als träge und schlaff." Jahrelang ist der Treck unterwegs, bis er in die Gegend von Klagenfurt gelangt, in gefährliche Nähe zum Römischen Reich. Das Land ist fruchtbar und reich an Eisen und Gold. Die Römer fürchten einen Marsch auf Rom und schicken Konsul Carbo mit seinen Legionen. Die Kimber aber versprechen ihm, weiter zu ziehen. Carbo gibt ihnen einen Führer mit, der sie in einen Hinterhalt lockt. Seine Legionen glauben leichtes Spiel zu haben. Es kam anders. Im Jahre 113 vor Christus trafen hier erstmals römische Legionäre auf germanische Krieger. Nur Blitz und Donner retteten die Römer vor der Vernichtung, denn die Germanen fürchteten allein Wodan, den Gott des Krieges und Gewitters. Für die Römer waren die Germanen "an Aussehen den Giganten gleich und an Stärke unübertrefflich". Ein Skelettvergleich im Naturhistorischen Museum in Wien zeigt, dass das keine groteske Ausgeburt römischer Ängste war. Auch der Fund der sogenannten Negauer Helme im Depot des Kunsthistorischen Museums in Wien steht im Zusammenhang mit den Kimbern. Auf einem von ihnen ist eine rätselhafte Inschrift. Der Philologe Hermann Reichert hat sie entziffert: Es ist die älteste germanische Inschrift, das einzige Zeugnis der Wanderung der Kimbern außerhalb Dänemarks. Fast 20 Jahre und über 7.000 Kilometer zogen sie durch Europa, ehe die Teutonen in Südfrankreich, schließlich auch die Kimbern in der Poebene besiegt wurden. "Als die Raben hinflogen, wo sie niedergemetzelt lagen, nie bekamen sie größere Leichen zu fressen." Im Jahre 101 vor Christus wurde der Stamm der Kimbern ausgelöscht. Die Römer hatten die furchterregenden Barbaren fürs erste besiegt, allein die Furcht lebte noch lange nach.


"Sturm über Europa" ist das erste Dokumentationsprogramm im Fernsehen, das sich ausführlich mit dem Thema der germanischen Völkerwanderung beschäftigt. Wir wollen jene Zeit wachrufen, die am Beginn unserer europäischen Geschichte steht, noch bevor die ersten großen Kathedralen gebaut wurden. Während die antike römische Welt im späten 5. Jahrhundert ihrem Untergang entgegen ging, entstand im Nordwesten Europas mit dem Reich der Franken ein neues politisches Zentrum. Heute gestehen Historiker den Germanen einen entscheidenden Anteil an der Entstehung Europas zu. Die Völkerwanderung, die laut unseren Geschichtsbüchern mit dem Einfall der Hunnen im Jahre 375 ausgelöst wurde und bis zur Eroberung Italiens durch die Langobarden im Jahre 568 reichte, ist eine der faszinierendsten, wichtigsten und vielschichtigsten Epochen europäischer Geschichte. Sie beschreibt die großen Wanderungen der germanischen Völker in der ersten Jahrtausendhälfte nach Christus, als sich gigantische Heerscharen von Barbaren - wie die Antike alle nicht-griechischen und nicht-römischen Völker nannte - gen Süden entluden und in das Römische Reich eindrangen. Bereits 120 v. Chr. waren Kimbern und Teutonen von Dänemark aus in südliche Gefilde aufgebrochen und hatten die Römer das Fürchten gelehrt. Im 5. Jahrhundert brachten Goten, Franken und Vandalen mit den beutegierigen Hunnen in ihrem Nacken das große Römische Reich zum Einsturz. Auf den Trümmern des Imperiums entstanden die Reiche der Ostgoten im heutigen Italien, der Westgoten in Spanien, der Angelsachsen in England, der Franken im heutigen Frankreich und Deutschland. Mit dem Frankenreich und der Kaiserkrönung von Karl dem Großen begann im Jahre 800 das moderne, abendländische Europa. Wenn es also ein Thema gibt, das uns erklärt, woher wir kommen und wie unsere Geschichte an ihrem Beginn aussieht, dann liegt es hier vor uns. Es sind genau jene zähen "Underdogs" aus den Nebeln des Nordens, jene Stämme aus dem freien Germanien, deren nähere Betrachtung zu faszinierenden Erkenntnissen über uns selbst führt. Die Epoche der Völkerwanderung findet in der populären Geschichtspraxis unserer Tage nicht statt, obwohl sie die Anfänge unseres Europas markiert, und genau das ist die Idee für diese große TV-Dokumentation. "Sturm über Europa" ist ein dokumentarisches Highend-Programm, dass mit den Mitteln modernsten Fernsehens jene stürmische Zeit erforscht und abbildet. In 15 Ländern gehen wir auf Spurensuche: Von Schweden, dem mythischen Herkunftsland der Goten, bis zum Reich der Vandalen in Nordafrika, von den eigenartigen Gotenburgen auf der Krim und der einzigartigen Westgotenstadt Reccopolis in Spanien bis zum geheimnisvollen Schiffsgrab in Sutton Hoo im Land der Angelsachsen. Berühmte Artefakte wurden in den bedeutendsten Museen Europas gedreht. So die unschätzbar wertvolle gotische Wulfila-Bibel in Uppsala, der Gun des trup-Kessel der Kimbern in Dänemark, das Barbarengold von der Donau in Bukarest und der Negauer Helm in Wien, der die älteste jemals gefundene germanische Inschrift trägt. Über 30 Wissenschaftler werden ihre Funde, Untersuchungen und neuen Erkenntnisse über die Völkerwanderung vorstellen, überkommene Klischees verwerfen und hartnäckige historische Irrtümer korrigieren. Um auch die soziale und geografische Realität der Völkerwanderung zu illustrieren, wurden dramatische Trecks in Marokko, Spanien, Dänemark, England und der Tschechei in Szene gesetzt. Unter Leitung von Kampfchoreographen wurde auch das erste kriegerische Aufeinanderprallen von Germanen und Römern in Noreia nachgestellt sowie die legendäre Varusschlacht im Teutoburger Wald, die die weiter nördliche Ausbreitung des Römischen Reichs verhinderte und damit die Weltgeschichte veränderte. Mehrere hundert Komparsen standen insgesamt vor der Kamera, über hundert Pferde, archaisch anmutende Ochsen und eine Dromedarkarawane waren im Einsatz. Authentische Kostüme wurden speziell für diese Serie angefertigt, Schmuck ebenso wie alle Arten von Waffen auf der Basis archäologischer Funde reproduziert. Mittels digitaler Tricktechnik, die bisher dem Kino vorbehalten war, entsteht in der Dokumentation der Eindruck, als würden wir wirklich den Wanderungen von Tausenden von Menschen beiwohnen - diese langen Trecks in originalen europäischen Landschaften sind absolute Höhepunkte des Programms. Neben den großen Völkermassen jener Zeit wenden wir uns aber auch den einzelnen Menschen zu. Mit neuen wissenschaftlichen Methoden wird die Anthropologin Ágnes Kustár anhand von Schädeln, die im Naturhistorischen Museum in Budapest aufbewahrt werden, die Gesichter einzelner Barbaren rekonstruieren. Nach 1500 Jahren gibt sie den Menschen des großen Trecks ihr Aussehen zurück. Mit ihnen gehen wir zurück in ihre Vergangenheit, in das unwirtliche Leben einer Kimbernsiedlung in Jütland, auf die Flucht vor den Hunnen über die Donau, auf den unvorstellbar mühseligen Marsch kreuz und quer durch Europa. In vier Folgen entfaltet sich anschaulich und spannend die Geschichte der Völkerwanderung, von den germanischen Hütten zu den christlichen Kathedralen, von den barbarischen Sippen zu den ersten europäischen Nationen.

Kimbern und Teutonen "Es wälzte sich eine ungeheure Masse heran. 300000 Kämpfer, Kinder und Weiber waren auf der Suche nach Land, das eine solche Masse ernähren könnte." Im Jahr 113 vor Christus erreicht das ferne Rom die Schreckensnachricht. Die Kimbern und Teutonen sind auf dem Weg gen Süden. Es ist die erste große Völkerwanderung der Germanen. "Wie ein Unwetter brachen sie über Gallien und Italien herein." Fahles Neonlicht erhellt das Magazin des Naturhistorischen Museums in Budapest. Vierzigtausend Schädel sind hier für die Wissenschaft aufbewahrt. Wir zeigen, wie Ágnes Kustár mit neuen Methoden aus der Gerichtsmedizin das Gesicht eines Kimbern rekonstruiert. Mit ihm gehen wir zurück in seine Vergangenheit und folgen ihn auf dem großen Treck. Wer waren die Kimbern und Teutonen? Für die Römer waren sie "zweibeinige Tiere, die außer der Stimme und dem Leib nichts von Menschen an sich haben. Sie haben keine Häuser, keine Wohnungen, unbedeckt sind ihre Körper!" Ein Bild, das Wissenschaftler heute entschieden korrigieren. Vom Leben und Sterben der Kimbern wissen sie aus den Mooren: Tausende Funde haben sie gemacht und Moorleichen ausgegraben, wie den berühmten Tollundmann und das Mädchen von Windeby, die ihnen immer noch Rätsel aufgeben. Seit der Antike spekuliert man über Wetterkatastrophen als Grund der Auswanderung. Erst jetzt gelingt es Archäologen, Biologen und Anthropologen, den wahren Ursachen auf den Grund zu gehen. Sie werden ihre Methoden demonstrieren und von neuen Erkenntnissen berichten. "Durch unwegsames, unbekanntes Gebiet trieb menschliche Unstetigkeit sie umher, Männer, Frauen, Kinder, Alte. Erschöpft ließen sie sich am nächst besten Ort nieder." Die Völkerwanderung der Kimbern und Teutonen ist ein Hungermarsch, Abenteuer und Kriegszug in einem. Händler hatten ihnen von "fruchtbaren Feldern und saftigen Weiden" im paradiesischen Süden erzählt. Aber sie fanden auch Gefallen an den bequemen Erwerbsarten des Krieges. "Sich mit Schweiß zu erarbeiten, was man mit Blut erringen kann, galt bei ihnen als träge und schlaff." Jahrelang ist der Treck unterwegs, bis er in die Gegend von Klagenfurt gelangt, in gefährliche Nähe zum Römischen Reich. Das Land ist fruchtbar und reich an Eisen und Gold. Die Römer fürchten einen Marsch auf Rom und schicken Konsul Carbo mit seinen Legionen. Die Kimbern aber versprechen ihm, weiter zu ziehen. Carbo gibt ihnen einen Führer mit, der sie in einen Hinterhalt lockt. Seine Legionen glauben leichtes Spiel zu haben. Es kam anders. Im Jahre 113 v. Chr. trafen hier erstmals römische Legionäre auf germanische Krieger. Nur Blitz und Donner retteten die Römer vor der Vernichtung, denn die Germanen fürchteten allein Wodan, den Gott des Krieges und Gewitters. Für die Römer waren die Germanen "an Aussehen den Giganten gleich und an Stärke unübertrefflich". Ein Skelettvergleich im Naturhistorischen Museum in Wien zeigt, dass dies keine groteske Ausgeburt römischer Ängste war. Auch der Fund der so genannten Negauer Helme im Depot des Kunsthistorischen Museums in Wien steht im Zusammenhang mit den Kimbern. Auf einem von ihnen ist eine rätselhafte Inschrift. Der Philologe Hermann Reichert hat sie entziffert: Es ist die älteste germanische Inschrift, das einzige Zeugnis der Wanderung der Kimbern außerhalb Dänemarks. Fast zwanzig Jahre lang und über 7000 Kilometer zogen sie durch Europa, ehe die Teutonen in Südfrankreich, schließlich auch die Kimbern in der Poebene, besiegt wurden. "Als die Raben hinflogen, wo sie niedergemetzelt lagen, nie bekamen sie größere Leichen zu fressen." Im Jahre 101 vor Christus wurde der Stamm der Kimbern ausgelöscht. Die Römer hatten die Furcht erregenden Barbaren fürs erste besiegt, allein die Furcht lebte noch lange nach.

Die Sendetermine: Sonntag, 3. März: Kimbern und Teutonen Sonntag, 10. März: Varusschlacht und Gotensaga Sonntag, 17. März: Der Kampf um Rom Sonntag, 24. März: Die Erben des Imperium

D 2002


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Band 693: Film 2    Zähler: ( -  1570)    ZDF     So, 10.03.2002 19:30    45 Min.   
  deutsch  Farbe: Farbe
  iFN: 1927  

Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (2)

Varusschlacht und Gotensaga

Dokumentation Geschichte

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Nicht im "Teutoburger Wald", sondern in Kalkriese bei Osnabrück wurden die römischen Legionen von den Germanen vernichtet: "Die römische Weltherrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht haltgemacht hatte, fand jetzt am Ufer des Rheins und der Donau ihre Grenze," schrieb ein römischer Chronist.
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"Ganz anders sind die Germanen", schrieb Caesar. Aber außer Klischees wissen die Römer nichts über sie. Das sollte sich rächen: "Sie fanden an Bäume genagelte Totenschädel und Altäre. Auf ihnen hatten die Cherusker die vornehmsten Gefangenen ihren Göttern geopfert." Auf dem Höhepunkt der römischen Macht, im Jahre 9 nach Christus, hatte der Cheruskerfürst Arminius Roms Truppen besiegt. Drei Tage dauerte das Hauen und Stechen, dann waren 20.000 Legionäre tot. Kaiser Tiberius soll gerufen haben "Varus, Varus, wo sind meine Legionen?" Generationen von Archäologen haben das Schlachtfeld vergeblich gesucht. Heute graben sie an der richtigen Stelle, haben sie die Beweisstücke in der Hand: Eine versilberte Gesichtsmaske, Dolche, Bleigeschosse, Münzen. Nicht im "Teutoburger Wald", sondern in Kalkriese bei Osnabrück wurden die römischen Legionen vernichtet: "Die römische Weltherrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht haltgemacht hatte, fand jetzt am Ufer des Rheins und der Donau ihre Grenze," schrieb ein römischer Chronist. Aber zwischen Rhein und Donau klaffte eine Lücke. Der Limes, heute Weltkulturerbe, sollte sie schließen. War er eine unüberwindbare "chinesische Mauer", ein "Bollwerk gegen die Barbaren"? Mehr als eine Polizeigrenze, mit der die Römer den kleinen Grenzverkehr kontrollierten, war der Limes nie. So sehen es heute die Historiker. Denn längst war das Imperium auf die Zuwanderung der Germanen angewiesen: Sie stellten Soldaten, Truppen, Generäle, sie wurden Hauptstützen des römischen Heeres. Von dem, was sich jenseits der "nassen Grenzen" abspielte, ahnte in Rom jedoch niemand etwas. Der Schädel, den Ágnes Kustár vor sich hat, ist von einer Ur-Gotin. In wochenlanger Arbeit rekonstruiert sie ihr Gesicht. Mit ihr gehen wir zurück in ihre Vergangenheit. "Mit drei Booten kamen sie vom Ende der Welt über das Meer. Sobald sie ihre Schiffe verließen und an Land gingen, gaben sie demselben sogleich ihren Namen: Gothiskandza, die Gotenküste." Die berühmte Gotensaga des Jordanes, erzählt sie einen Mythos oder tatsächliche Geschichte? Kamen die Goten aus Skandinavien über die Ostsee? "Die Ostsee kann man in beide Richtungen befahren", sagen Archäologen scherzhaft. Die Goten hätten Schweden von Polen aus besiedelt, sie haben jetzt Beweise dafür, dass die Urheimat der Goten an der Weichsel lag. An der Geschichte der Völkerwanderung ändert das nichts. "Als nun die Zahl des Volkes immer mehr zunahm, fasste König Filimer den Entschluss, dass das Heer mit Weib und Kind auswandern solle." Die Goten ziehen entlang der Weichsel flussaufwärts bis ans Schwarze Meer und die Donau. "Im Land des Volkes der Goten", auf der Krim, in Rumänien, Bulgarien und Ungarn gehen wir auf Spurensuche. Überall haben die Goten Gräber und Schätze hinterlassen. Was verraten sie über die germanischen "Barbaren", die einmal die antike Welt verändern werden? Wissenschaftler werden von ihren Erkenntnissen berichten. So zeigt die sogenannte Wulfila-Bibel, die von unschätzbarem Wert ist, dass die Goten bereits um das Jahr 350 aus Überzeugung Christen wurden. Die Donau war die Grenze zwischen dem Römischen Reich und dem Land der Goten. Deshalb trafen sich der Anführer der Goten, Athanarich, und Kaiser Valens im September des Jahres 365 in der Mitte des Flusses, um einen Friedens- und Freundschaftsvertrag zu schließen. Die Welt schien in Ordnung. Doch dann tauchten am Horizont Reiterhorden auf, die Hunnen, die "fürchterlichsten aller Krieger". Ein Sturm fegte über Europa.


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Band 693: Film 3    Zähler: (1 -  1270)    ZDF     So, 17.03.2002 19:30    45 Min.   
  deutsch  Farbe: Farbe
  iFN: 1928  

Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (3)

Der Kampf um Rom

Dokumentation Geschichte

Mehrteiler: Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (3/4)  Zur nächsten Folge:  Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (4) Die Erben des Imperiums auf 'Band 693'   Zur vorhergehenden Folge:  Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (2) Varusschlacht und Gotensaga auf 'Band 693'

"Wie ein Wirbelwind aus den hohen Bergen kamen sie." Es war wohl der Hunger, der die nomadischen Hunnen aus den mongolischen Steppen nach Europa trieb. Sie waren auf der Suche nach Getreide, Vieh und Gold. Was sie brauchten, raubten sie.
Film von Christian Feyerabend und Uwe Kersken
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"Statt eines Gesichtes haben sie einen abscheulichen Klumpen, statt Augen eher Punkte." So schrieben die römischen Chronisten über die fremden Invasoren - ein Zerrbild, aus dem Angst und Schrecken sprechen. Um zu zeigen, wie jene "Tiere in Menschengestalt" wirklich aussahen, rekonstruiert die Anthropologin Ágnes Kustár das Gesicht eines Hunnen. Wissenschaftler klären die Frage, warum die Hunnen in Europa einfielen und warum sie militärisch so erfolgreich waren. So erfolgreich, dass sie einen Dominoeffekt auslösten: "Die Hunnen stürzten sich auf die Alanen, die Alanen auf die Goten, die Goten auf die Taifalen und Sarmaten." Im Jahre 376 nach Christus begann die große Völkerwanderung. Die Westgoten flohen ins sichere Römische Reich. Fast 100000 kamen über die Donau, 40 Jahre sollte ihr Treck durch Europa ziehen, auf der Suche nach einer neuen Bleibe: eine Irrfahrt durch die Türkei, durch Griechenland und über den ganzen Balkan. In Norditalien baten die Westgoten um Land, der Kaiser aber wies sie ab. "Da rückten die Westgoten in Rom ein und plünderten es auf Geheiß Alarichs." Roma capta - Rom war genommen. Am 24. August des Jahres 410 zog König Alarich in Rom ein. Die Kirchen und die Repräsentanten des Imperiums, die Senatoren, stellte er unter seinen Schutz. Alarich, der Christ war, wollte, dass seine Goten Aufnahme im Römischen Reich fanden, "dass man Römer und Goten für ein Volk halten könnte". Aber noch weitere Jahre musste der Treck der Westgoten durch Italien, Frankreich und Spanien ziehen. Nicht nur andere germanische Stämme, auch entlaufene Sklaven und unzufriedene römische Bauern hatten sich ihnen angeschlossen. Anders als man gerne behauptet, spielte bei ihnen "Blut und Rasse" keine Rolle, sie waren ein Vielvölkergemisch. Erst im Jahr 413 fand ihre Wanderschaft ein Ende; das Imperium brauchte Soldaten und siedelte sie in Südfrankreich an. Sie übernahmen römisches Recht und römische Verwaltung und bildeten einen Staat im Staate: das erste der germanischen Reiche. "Am weitesten aber kamen die Vandalen." Am Silvestertag des Jahres 406 zogen sie über den zugefrorenen Rhein in Richtung Südwesten, auch sie von den Hunnen verdrängt. Da es in Europa keinen Platz mehr für sie gab, entschlossen sich die 80000 Vandalen unter ihrem König Geiserisch zu einer tollkühnen Überfahrt nach Nordafrika. Sie machten die Kornkammer Roms, die Provinz Karthago, zum "Königreich der Vandalen", zu ihrem Garten Eden. Die Vandalen hatten ihren Platz gefunden, an der entscheidenden Schlacht gegen die Hunnen nahmen sie nicht mehr teil. Gemeinsam besiegten Römer und Westgoten im Juni 451 Attila, "den Herrn so vieler Siege". "Am folgenden Morgen war der Bach mit Blut angeschwollen, Leichen lagen angehäuft auf den Feldern." Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern in Frankreich führte zum Rückzug der Hunnen aus Europa. Alles war wieder offen. Konnte Rom zu alter Macht und Stärke zurückfinden? Oder würden die "germanischen Barbaren" das Römische Reich und die antike Zivilisation zerstören, wie man es ihnen nachsagte?


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Band 693: Film 4    Zähler: (1 -  1100)    ZDF     So, 24.03.2002 19:30    45 Min.   
  deutsch  Farbe: Farbe
  iFN: 1929  

Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (4)

Die Erben des Imperiums

Dokumentation Geschichte

Mehrteiler: Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (4/4)  Zur ersten Folge:  Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (1) Kimbern und Teutonen auf 'Band 693'   Zur vorhergehenden Folge:  Sturm über Europa - Die Völkerwanderung (3) Der Kampf um Rom auf 'Band 693'

Wieder einmal müssen sie auf Wanderschaft gehen. 40.000 Westgoten kommen im Jahre 507 aus Südfrankreich über die Pyrenäen. Diesmal wurden sie nicht von den Hunnen, sondern von den Franken vertrieben, die immer mächtiger werden und von Gallien aus unerbittlich expandieren.
Film von Christian Feyerabend und Uwe Kersken
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Die Westgoten machen die römischen Provinzen Spaniens zu ihrem Königreich, Toledo zu ihrer Hauptstadt. Wir suchen ihre Spuren: die sagenhaften Kronen von Guarrazar, ein Münzschatz ihrer Könige, und die versunkene Stadt Reccopolis, die gerne als das "Troja der Völkerwanderung" bezeichnet wird. Aber nicht nur in der spanischen Erde, auch in der europäischen Geschichte haben die Westgoten Spuren hinterlassen. Ihr König Leovigild legte den berüchtigten Gotenpelz ab: mit Krone, dem römischen Purpur und Zepter, wurde er zum Urbild eines mittelalterlichen Herrschers. Sein Grundsatz "Nach Gott ist der König der höchste Herr seiner Untertanen und der Souverän in seinem Land" galt bis zur französischen Revolution. Über hundert Gräber einer Ostgotensiedlung in Kärnten lässt der Archäologe Glaser freilegen und macht sensationelle Funde: Skelette mit künstlich verformten Schädeln. In Paris lassen wir ein Gesicht rekonstruieren, eine germanische "Nofretete" der Völkerwanderungszeit kommt zum Vorschein. Sie lebte und starb in Österreich, die Hauptstadt des Ostgotenreiches aber war Ravenna. Hier ließ der legendäre König Theoderich prächtige Kirchen und ein einzigartiges Mausoleum bauen. Für Goten wie Römer war die Herrschaft des "Barbarenkönigs" ein Goldenes Zeitalter, mit ihm entstand im Jahre 497 auf dem italischen Kerngebiet Westroms eine neue kulturelle Blüte. Man sagt ihnen hartnäckig nach, sie seien als raublustige Eroberer in Britannien eingefallen. Aber es waren die Briten selbst, die Angeln und Sachsen in ihr Land riefen. Die germanischen Krieger sollten als Söldner Britannien verteidigen, nachdem Rom es aufgegeben hatte. "Mit drei Kielen kamen sie über das Meer" - um das Jahr 430 landeten die gefürchteten Barbaren aus dem heutigen Dänemark und Norddeutschland in Kent und schlugen sich für die Briten. Sie blieben und holten ihre Familien nach. Eine weitere Nation wurde aus der Völkerwanderung geboren. Woher kamen die Angelsachsen? Forscher der Universität Reading können heute darüber Auskunft geben. Auf die Spur der angelsächsischen Heere und Gefolgschaften, wie sie für das Mittelalter typisch wurden, führt uns das berühmte Schiffsgrab von Sutton Hoo mit seiner rätselhaften, eisernen Gesichtsmaske. Sie gehörte König Redwald. Heide war er, Christ wurde er. Wie alle Angelsachsen. "Die Angelsachsen machten viele Germanen zu Christen, die Franken machten sie zu Europäern." Aber auch die Geschichte des Frankenreiches beginnt mit der Taufe eines Heiden, des Königs Chlodwig. Er hatte auf dem Schlachtfeld gelobt, Christ zu werden, wenn er die Alemannen besiege. Die Taufe Chlodwigs in Reims hat "weltgeschichtliche Bedeutung", sagen die Historiker. Sie verhalf dem Christentum in Europa zum Durchbruch. Chlodwig ist zu einem "Nationalheiligen" Frankreichs geworden, wie später Karl der Große. Die Franken verstanden sich als Erben des Imperiums, sie schufen das größte und beständigste Reich der Völkerwanderung. Schon von seinen Zeitgenossen wurde Karl der Große pater europae, Vater Europas genannt.


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